Reisetipp: Venedig

Allgemeines

Nach Venedig? Und dann auch noch mit dem Motorrad? Die Frage ist nicht ganz unberechtigt. Gibt es doch in Venedig statt asphaltierter Straßen nur wassergefüllte Kanäle. Und wurde über Venedig nicht schon alles zigmal gezeigt, gefilmt und geschrieben? Auch diese Frage hat ihre Berechtigung. Und dennoch: Selbst noch im 21. Jahrhundert überrascht Venedig den Besucher. Denn diese Stadt ist trotz aller Touristenmassen so schön, so bezaubernd, so eigen, so ganz anders als andere Metropolen auf der Welt.

Anfahrt

Mit dem Motorrad gibt es im Grunde zwei sinnvolle Varianten für einen Venedig-Besuch: Entweder man unternimmt einen Tagesausflug und fährt abends wieder weiter, oder man verbringt ein paar Nächte außerhalb der Stadt und fährt tagsüber nach Venedig hinein. Im Zentrum zu wohnen ist erstens teuer und zweitens: Wo bleibt das Motorrad?

Wer z. B. in den Dolomiten einen Motorradurlaub verbringt, für den bietet sich Variante eins an. Über den Giau-Pass und das Val di Zoldo ist man in eineinhalb Stunden in Belluno, von wo es noch rund 70 Kilometer Autobahn bis Venedig sind. Wer im Etschtal zwischen Meran und Trento wohnt, fährt am besten komplett auf der Autobahn über Verona und Padua. Zum Schluss folgt man einfach den Schildern Venedig, überquert auf dem Damm die Lagune und wird automatisch in eines der großen Parkhäuser an der Piazzale Roma geleitet. Dort steht die Maschine für rund 30,00 Euro am Tag sicher und trocken. Piazzale Roma ist eine Haltestation verschiedener Bootslinien, die einen direkt in Zentrum von Venedig bringen.

Für Variante zwei empfehlen sich als Standorte entweder die Stadt Mestre auf dem Festland vor Venedig oder die Halbinsel von Cavallino an der Adria im Osten. Mestre gewinnt zwar keinen Schönheitswettbewerb, besitzt jedoch viele Hotels, zwei Campingplätze und eine perfekte Schiffsverbindung nach Venedig. Reizvoller hingegen wohnt man auf der Cavallino-Halbinsel. Dort reiht sich ein Campingplatz an den anderen, Hotels und Pensionen gibt es jede Menge. Man folgt dazu auf der Autobahn den Wegweisern Richtung Flughafen und Jesolo, wo schließlich die Spitze der Halbinsel, die Punta Sabbioni, ausgeschildert ist.

 

Übernachten

Um ein paar Tage ruhig und sicher außerhalb Venedigs zu verbringen, empfiehlt sich die Cavallino-Halbinsel. Im Sommerhalbjahr haben die kaum zu zählenden Hotels und Campingplätze alle geöffnet, und selbst zwischen Oktober und April sind noch genügend von ihnen in Betrieb. Perfekt liegt z. B. der kleine, gemütliche Campingplatz Al Bateo an der Punta Sabbioni. Zu Fuß sind es keine zehn Minuten bis zum Schiffsanlieger, von wo die Linienboote halbstündlich zum Markusplatz fahren (www.albateo.it). Ebenfalls günstig liegt die riesige Anlage Marina di Venezia. Dort kann man zelten oder einen Bungalow mieten und ist ein 15 Minuten zu Fuß am Schiffsanleger (www.marinadivenezia.it).

 

Öffentlicher Nahverkehr

In Venedig fahren keine Busse, sondern Linienboote, die „Vaporettos“. Verschiedene Linien verbinden die Stadtteile miteinander. Um den Überblick zu behalten, holt man sich am besten an einer Fahrkartenausgabe einen Plan, auf dem sämtliche Linien verzeichnet sind. Ein Geheimtipp ist die Linie 61, die im Kreis in rund einer Stunde den Canal Grande und den Canale della Giudecca befährt und sich perfekt für eine Stadtrundfahrt eignet. Die Einzelfahrt mit dem Vaporetto kostet 6,50 Euro und gilt für eine Stunde, umgestiegen werden kann in dieser Zeit beliebig oft.

Um von Mestre oder Punta Sabbioni nach Venedig zu gelangen, nimmt man die etwas größeren Boote, die tagsüber im Halbstundenrhythmus verkehren. Von Punta Sabbioni benötigen sie 45 Minuten zum Markusplatz, wo man dann auf ein Linienboot umsteigen muss, um weiterzukommen. Auch hier kostet die einfache Fahrt 6,50 Euro und gilt für eine Stunde. Wer drüben in Venedig zusätzlich die Linienboote benutzen möchte, für den lohnt sich ein 12-Stunden-Ticket für 16,00 Euro oder ein 24-Stunden-Ticket für 18,00 Euro (36 Stunden kosten 23,00 Euro, 48 Stunden 28,00 Euro). Man bekommt sämtliche Tickets an den Schiffsanlegern von Mestre und Punta Sabbioni sowie an den meisten Linienboot-Haltestellen.

 

Essen und Trinken

Das Frühstück fällt wie generell in Italien auch in Venedig bescheiden aus. Die Venezianer bestellen an der Bar einen Cappuccino, essen dazu ein oder zwei süße Teilchen, das war’s. Wer anschließend zur Arbeit geht, nimmt das Frühstück flott im Stehen ein, nur Rentner und Urlauber setzen sich dafür. Die süßen Teilchen sind in der Regel mit verschiedenen Marmeladen gefüllt und heißen „Dolce“ oder „Croissant“.

Fürs Mittagessen gibt es zwei Varianten: Hat man Zeit, setzt man sich an einen Restauranttisch. Ist man – wie die meisten Italiener – in Eile, isst man in Stehen. Für letztere Variante eignen sich sehr gut die vielen Bars, die alle eine reiche Auswahl an belegten Brötchen bereithalten. Ob „Tramezzini“ (belegte Weißbrotscheiben) oder „Panini“ (aus Weizenmehl, Maismehl oder Hartweizengrieß) - Qualität und Preisleistungsverhältnis sind stets perfekt. Dazu trinkt man ein Glas Wein, als Aperitif davor steht in Norditalien der „Spritz“ hoch im Kurs. Das ist ein Mixgetränk aus Aperol, Prosecco, Mineralwasser und einer Orangenscheibe. Gut und preiswert ist auch eine Scheibe Pizza von einem Pizza-Stand. Diese Stände sind über die ganze Stadt verteilt, ein besonders zu empfehlender steht kurz vor der Rialto-Brücke (wenn man vom Markusplatz kommt) rechts in einer Seitengasse. Zum Schluss einen Grappa, und das italienische Mittagessen ist perfekt.

Nachtisch gefällig? Dann ist die Auswahl gerade in Venedig riesig. Die „Pasticcerias“ sind voll mit traumhaften Leckereien und bieten dazu meist Kaffee im Stehen an. Klassiker sind Cantuccini (Mandelkekse), Cannoli (frittierte Teigrollen mit cremiger Füllung) und Panforte (eine Art Lebkuchen mit grober Füllung). Daneben warten jede Menge süßer venezianischer Spezialitäten, z. B. die „S“ di Venezia (Kekse).

 

Auch abends leitet der Italiener das Essen gerne mit einem Aperitif ein, am besten vor der Bar auf der Straße eingenommen. Etwas teurer, dafür von erlesener Qualität, gibt es Aperitif und Wein in den Enotecas, dieser typischen italienischen Kombination aus Alkoholhandel und Feinkostgeschäft. Danach geht man ins Restaurant, wo man sich fürs Abendessen viel Zeit lässt.

Der Tipp für Sparfüchse ist übrigens „al banco“. Das heißt „an der Bar“ und bedeutet, dass Getränke an der Bar grundsätzlich preiswerter sind als an den Tischen in Bar, Café oder Restaurant. Der Preisunterschied kann beträchtlich sein. So kostet z. B. ein Espresso an der Bar (das gilt auf für die teuren Nobelcafés am Markusplatz) meist nicht viel mehr als ein Euro, während man am Tisch zwischen zwei und fünf Euro bezahlt. Zum Schluss ein Tipp: Wer nach dem Frühstück noch einen Cappuccino bestellt, outet sich sofort als Tourist – die Italiener trinken tagsüber nur Espresso („caffè“).

 

Sehenswürdigkeiten

In Venedig Sehenswürdigkeiten zu empfehlen, ist eigentlich überflüssig. Denn Venedig ist eine einzige Sehenswürdigkeit. Jedes Haus, jeder Palazzo, jeder Kanal, jede Gasse, jede Straße ist einzigartig. In dieser Stadt ist die Zeit seit der Renaissance wirklich stehen geblieben. Wären nicht ab und zu ein paar Satellitenschüsseln zu sehen, könnte man abseits der touristischen Plätze glauben, man lebe vor 300 Jahren - fernes Stimmengemurmel, plätschernde Kanäle, nicht der geringste Autolärm.

 

Müssen es denn ein paar Sehenswürdigkeiten sein, sollte man nach der Ankunft am Schiffsanleger San Zaccaria Richtung Markusplatz schlendern, dabei einen Blick auf die Seufzerbrücke werfen, den Dogenpalast passieren (auch die Besichtigung lohnt sich), dann eine Runde unter den Arkaden des Markusplatzes drehen und anschließend dem ausgeschilderten Weg durch den Stadtteil San Marco zur Rialtobrücke folgen. Man kommt dabei durch enge, hohe Gassen, über romantische Brücken und landet schließlich an der Rialtobrücke, von der man einen bezaubernden Blick auf den Canal Grande hat. Für den Rückweg schlägt man einen leichten Bogen nordwärts über den Campo Santa Maria Formosa und durchquert den Stadtteil Castello. Der ist weniger schick als San Marco, entsprechend preiswerter und nicht ganz so vom Tourismus überlaufen. Hat man auf diese Weise wieder den Schiffsanleger erreicht, wendet man sich nach links und geht die Uferpromenade nach Osten entlang. Je weiter man voranschreitet, desto weniger werden die Touristen und desto entspannter die Atmosphäre. Links biegt die Via Giuseppe Garibaldi mit ihren Einheimischengeschäften ab, ein Stück weiter empfängt uns das Grün des Giardino Publico. Auf einer Bank sitzen, über die Lagune schauen, den Booten zusehen – so idyllisch kann Venedig sein. Tja, und dann ist der Tag meist schon vorüber.

 

Mit mehr als einem Tag Zeit im Gepäck sollte man unbedingt einmal von San Marco auf dem Ponte Accademia den Canal Grande überschreiten und im Stadtteil Dorsoduro links hinüber zur Kirche Santa Maria della Salute gehen. Von der Landspitze dort bietet sich der vielleicht schönste Blick auf Markusplatz und Dogenpalast. Danach geht man auf der südlichen Seite von Dorsoduro an der Uferpromenade entlang, genießt die Aussicht auf die Giudecca-Insel und findet quer durch das ursprüngliche Dorsoduro wieder zur Accademia-Brücke zurück. Weitere Tipps: ein Ausflug zur Glasbläser-Insel Murano mit ihren zauberhaften bunten Häusern, ein Spaziergang zur idyllischen und ruhigen Isola di San Pietro ganz im Osten Venedigs sowie ein Bummel entlang der Uferpromenade Fondamente Nuove im Norden der Stadt mit Blick auf die Friedhofsinsel Isola di San Michele.

 

Einkaufen

Venedig ist Italien, und Italien ist Mode. Wer dafür etwas übrig hat, erlebt in Venedig das Paradies. Wenn man nicht gerade ein Edelgeschäft am oder um den Markusplatz aufsucht, findet man in den unzähligen Schuhläden erstklassige Schuhe zu Preisen, die oft einen Bruchteil derer in Deutschland betragen. Und das in einer unglaublichen Auswahl an Größen, Formen und Farben. Übrigens: Wegen des häufigen Hochwassers halten Venedigs Schuhläden schicke und bunte Gummistiefel bereit, die man bei uns nicht einmal zu sehen bekommt.
Auch Taschen sind in Venedig gut und günstig. Ob Damen- oder Herrentaschen, ob aus Leder oder Plastik, ob Geldbörse oder Reisekoffer – hier wird man fündig. Selbst die kleinsten Läden sind seriöse Geschäfte und hauen den Kunden bezüglich Qualität und Herkunft der Ware nicht übers Ohr. „Made in Italy“ ist Standard.

Schöne Schals für Damen und Herren bieten die meist mobilen Händler an. Für acht bis zehn Euro ersteht man bei ihnen Schals in tollen Farben und Designs, die allerdings fast immer aus Asien kommen. Für ein aus Italien stammendes Stück muss man über zehn Euro anlegen.

Wer sich für unterwegs oder für den Abend verpflegen will, kommt am täglich vormittags stattfindenden Rialto-Markt nicht vorbei. Gleich hinter der Rialtobrücke im Stadtteil San Polo schlagen die Händler ihre Stände auf, und der Kunde kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus: Hier liegen die schönsten und edelsten Früchte, das bunteste Gemüse und die schmackhaftesten Fische. Venedig unterhält eigene Gemüseinseln, die den Markt beliefern.

 

Bücher

Als Stadt des Prunks, der Leidenschaft, der Kunst und der Schönheit ist Venedig selbstverständlich Thema von Büchern jegliches Genres. Ob Krimi, Liebes- oder Historienroman – wer sich für Bücher interessiert, die in Venedig spielen, hat eine große Auswahl.

Krimiliebhabern sei vor allem Donna Leons Commissario Brunetti empfohlen. Die Amerikanerin wohnt seit 1981 in Venedig und schickt ihren grüblerischen Detektiv seitdem jedes Jahr erneut auf Verbrechersuche. Mit lockerer Hand schreibt Donna Leon über Brunettis Kampf gegen Verbrechen und Korruption, ihre Romane lesen sich leicht und flüssig. Die Wendungen sind oft überraschend, die Lösung des Falles ist meist nicht vorhersehbar und unerwartet. Für den nötigen Schuss Ironie sorgen Nebenfiguren wir Sergente Vianello (Brunettis Assistent), Vice-Questore Patta (sein Chef) und Brunettis Frau und Kinder, die ihren Ehemann bzw. Vater meist nicht sehr ernst nehmen. Erschienen bei Diogenes, die gebundenen Ausgaben kosten Euro 21,90, die Taschenbücher Euro 10,90.

Weniger humorvoll geht es in dem Venedig-Klassiker schlechthin zu: Der Tod in Venedig. Thomas Mann erzählt die Geschichte des nicht mehr ganz jungen Münchener Schriftstellers Gustav Aschenbach, der sich während einer schöpferischen Pause in Venedig in den Knaben Tadzio verliebt. Er geht an dieser hoffnungslosen Liebe zugrunde und stirbt in Venedig. Schwere Kost? Eigentlich nicht. Hat man sich erst einmal an den uns heute etwas umständlich erscheinenden Sprachstil des Jahres 1911 gewöhnt, liest man sich zügig durch die Novelle. Die erzielt ihre Spannung durch die immer verrückter werdenden Versuche Aschenbachs, Tadzios Gunst zu gewinnen und dabei den drohenden gesellschaftlichen Skandal zu vermeiden. Dass dies heute nicht anders wäre, macht das Buch aktueller denn je. Erschienen bei Fischer für Euro 6,95.

Etwas außerhalb der Gesellschaft bewegen sich auch die Helden von Cornelia Funkes Kinderbuch Herr der Diebe. Thema der Handlung ist eine Kinderbande, die im herbstlich kalten Venedig ihr Unwesen treibt. Angeführt wird sie von einem maskierten Unbekannten, dessen Identität niemand kennt und der nur „Herr der Diebe“ genannt wird. Die beiden Brüder Bo und Prosper, zwei Waisen auf der Flucht vor ihren bösen Stiefeltern, finden bei der Bande Unterschlupf und müssen so manches Abenteuer bestehen. Und selbstverständlich kommen sie auch hinter das Geheimnis ihres Anführers. Erschienen bei Dressler für Euro 17,90.

Im Venedig des beginnenden 16. Jahrhunderts spielt der Roman Die Lagune des Löwen von Eva Völler. Unter dem Pseudonym Charlotte Thomas erzählt sie die Geschichte von Laura, die vor ihren Feinden flieht, und Antonio, der sich als Dieb durchs Leben schlägt. Gemeinsam mit dem Sklaven Carlo und der Hure Valeria versuchen sie, das karge und entbehrungsreiche Leben zu meistern. Sie verlieren sich aus den Augen, treffen sich Jahre später wieder, scheinen endlich ihr Glück zu finden, als ein Krieg Venedig heimsucht. Das Buch bietet alles, was einen guten Historienroman ausmacht: Liebe, Trauer, Eifersucht, Freundschaft, aber auch Hurerei, Mord, Krieg, Elend und die Pest. Erschienen bei Bastei Lübbe für Euro 9,99. Weitere Venedig-Titel von Völler/Thomas sind Die Madonna von Murano und Die Liebenden von San Marco.

Als Comedy in Prosa könnte man Hannu Raittilas Werk Canal Grande bezeichnen. Der finnische Autor schildert die Abenteuer einer Delegation aus Finnland, die nach Venedig reist, um die Lagunenstadt vor dem Absaufen zu retten. Dabei trifft finnischer Schwermut auf italienische Leichtlebigkeit. Die wackeren Finnen kämpfen verbissen mit dem italienischen Behördenwahnsinn, irren im Nebel durch Venedig, finden den Markusplatz nur mit GPS und müssen schließlich einsehen, dass sie Venedig höchstwahrscheinlich nicht retten werden. Wer intelligenten Slapstick mag, wird an diesem Buch seine Freude haben. Erschienen bei BTB für Euro 9,00.

Spannend und packend geht es in dem Roman Marco Polo - der Besessene von Gary Jennings zu. Bereits 1984 erschienen, beschreibt das Buch die abenteuerliche Reise Marco Polos von Venedig an den Hof des Kublai Khans. Dabei schildert Jennings in erster Linie jene Episoden, die bislang über Marco Polo noch nicht in den Geschichtsbüchern stehen. Dass Jennings bei seiner Recherche dieselben Reisemittel wie sein Romanheld benutzte, gibt dem Buch die nötige Portion Authentizität. Sex and Crime, fremde Kulturen, exotische Landschaften – wer spannende historische Unterhaltung mag, wird von diesem Buch begeistert sein. Erschienen bei Fischer Taschenbuch für Euro 9,95.

In der Vergangenheit und in der Jetztzeit spielt Die Glasbläserin von Murano. Geschickt pendelt die venezianische Autorin Marina Fiorato in ihrem ereignisreichen Historienroman zwischen dem 17. Jahrhundert, der großen Zeit der Glasbläser, und dem 21. Jahrhundert, in dem die junge Leonora Manin auf Ungereimtheiten in der Geschichte ihrer Familie stößt: Obwohl es damals den Glasbläsern von Murano bei Todesstrafe verboten war, die Insel zu verlassen, wagte ein Vorfahr Leonoras die Flucht. Noch ahnt Leonora nicht, wie eng die Vergangenheit mit ihrer eigenen Zukunft verknüpft ist. Erschienen bei rororo für Euro 9,99.

In die k.u.k-Zeit versetzt der Krimi-Autor Nicolas Remin seinen Commassario Tron. So wird im ersten von bislang sechs Fällen ein hoher österreichischer Offizier in der Kabine eines Raddampfers tot aufgefunden. Trons Ermittlungen werden zunächst von der österreichischen Militärpolizei gestört, doch dann erhält er Unterstützung von prominenter Seite: Kaiserin Elisabeth von Österreich hat ein persönliches Interesse an der Aufklärung des Falles. Schnee in Venedig ist nicht nur ein spannender Krimi, sondern gibt auch tiefe und oft humorvolle Einblicke in die Welt der k.u.k-Monarchie. Kein blutrünstiger Krimi, sondern solide, spannende Unterhaltung. Erschienen bei rororo für Euro 9,95.

Ob Urbino Macintyre tatsächlich Die Letzte Gondel nimmt, wird in Edward Sklepowichs gleichnamigem Buch nicht beantwortet. Darum geht in dem stilistisch und erzählerisch überzeugenden Roman auch gar nicht. Es ist vielmehr ein verfallener Palazzo, dem Gerücht nach ein Ort des Todes, der den Detektiv interessiert. Angeblich soll hinter den dicken Mauern ein Sonderling inmitten eines reichen Kunstschatzes wohnen. Als der Alte Urbino zu sich bestellt, wird es für Urbino brenzlig. Der Krimi des Amerikaners Sklepowich erschien für Euro 8,95 bei Ullstein und ist gebraucht bei Amazon oder im Antiquariat zu haben.

Als Meisterin der psychologischen Spannung ließ es sich Patricia Highsmith nicht nehmen, die Handlung eines ihrer Kriminalromane nach Venedig zu verlegen. Venedig kann sehr kalt sein heißt das Buch, in dem es um ein mörderisches Katz-und-Maus-Spiel geht. Edward Coleman glaubt, sein Schwiegersohn Ray Garrett hätte seine Tochter umgebracht. Garrett flieht nach Venedig, Coleman folgt ihm, und bald ist nicht mehr klar, wer in dem Labyrinth von Gassen und Kanälen Jäger oder Gejagter ist. Erschienen bei Diogenes für Euro 10,90.

Filmtipps

Wer Venedig das erste Mal besucht, traut kaum seinen Augen. Wasser übernimmt in der Lagunenstadt die Funktion des Asphalts, Gondeln gleiten wie schon im 11. Jahrhundert durch die Kanäle, Palazzi zeigen stolz den Wohlstand ihrer Besitzer, Gondolieri ziehen in ihren blau weiß gestreiften Pullovern den Sonnenhut vor der Kundschaft. Kein Wunder also, dass manch ein Besucher sich vorkommt, als sei er versehentlich in eine Filmkulisse geraten. Und das ist gar nicht mal so verkehrt. Unzählige Regisseure bedienten sich der spektakulären Schönheit und des morbiden Charmes Venedigs für ihre Filme, verewigten die einmalige Atmosphäre auf Zelluloid. Die Liste ist unendlich lang. Manchmal spielt die gesamte Handlung in Venedig, manchmal nur einzelne Episoden. Wie auch immer – sehenswert sind die Filme alle. Vor der Reise gesehen, stimmen sie uns auf Venedig ein, machen Lust auf die Perle im Mittelmeer, entfachen das Reisefieber. Nach der Reise frischen sie die Erinnerungen auf und man freut sich, eine Brücke, ein Gebäude, ein Café oder einen Platz im Film wieder zu erkennen.

Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck erzählt im Bonusmaterial zur DVD, dass er mit The Tourist einen eleganten Film machen wollte, ganz im Stil des frühen Hollywood. Und welche Stadt ist von Natur aus elegant? Klar, Venedig. Vermutlich hat er sich deshalb für sie als Schauplatz entschieden und den scheuen Amerikaner Frank (Johnny Depp) und die schöne Elise (Angelina Jolie) mit dem TGV von Paris in die Lagunenstadt geschickt. Auch dort kreuzen sich ihre Wege und Elise beginnt mit Frank zu flirten, lädt ihn ein, in ihrer Suite zu übernachten. Doch die Romanze hat unerwartete Nebenwirkungen. Am nächsten Morgen heften sich Polizei, Geheimdienste und das organisierte Verbrechen an die Fersen des ahnungslosen Touristen. Frank will unbedingt herausfinden, in welches gefährliche Spiel er geraten ist. Und der Schlüssel dazu ist die mysteriöse Elise. In diesem Streifen gibt es viel Action auf den Kanälen Venedigs und viel Amore in luxuriösen Palazzi. Mit ruhiger Kamera zeigt uns der deutsche Regisseur Venedigs Highlights.

Bereits der Vorspann von The Italian Job - Jagd auf Millionen stimmt auf Venedig ein: Stimmungsvolle Fotos der Kanäle und Häuser in der noch milchigen Morgenluft sind zu sehen, die berühmte Seufzerbrücke, ein Gondoliere, der seine Gondel für die Gäste vorbereitet. Dazwischen geschnitten ist der Stadtplan der Lagunenstadt. Aber was bedeutet die kreisrunde Markierung um den Markusplatz? Warum ist ein Palazzo besonders hervorgehoben? Was zeichnet der Meisterdieb Charlie Croker (Mark Wahlberg) eigentlich ein? Ganz einfach. Er plant einen Coup. Gestohlen werden sollen Goldbarren im Wert von 35 Millionen Dollar, die sich in einem gut bewachten Safe in eben diesem Palazzo befinden. Und Charlie zeichnet gerade das Ablenkungsmanöver ein. Während ein Teil seiner Crew, unter anderem Edward Norton und Donald Sutherland, die Goldbarren unter Wasser in Sicherzeit bringt, lenkt der andere Teil, darunter Jason Statham, die Polizei mit einer inszenierten Flucht durch die Kanäle davon ab. Alles geht gut. Charlies Plan hat perfekt funktioniert. Die Truppe feiert anschließend ihren Sieg mit Champagner und Zigarren. Doch keiner von ihnen ahnt, dass ein Verräter mitten unter ihnen ist...

Die kurze Schlussszene von Liebesgrüße aus Moskau spielt in einem Hotelzimmer in Venedig. Nachdem es sämtlichen Agenten der Verbrecherorganisation SPECTRE nicht gelungen ist, James Bond (Sean Connery) in eine tödliche Falle zu locken, erhält Rosa Klebb (Lotte Lenya), eine letzte Chance, Bond endgültig zu eliminieren. Und so stehen sich in Venedig 007 und die abtrünnige KGB-Agentin gegenüber. Sie ist als Zimmermädchen verkleidet und wird von Bond zuerst nicht erkannt. Dadurch ist er nur einen Wimpernschlag davon entfernt, von ihr erschossen zu werden. Doch Tatiana Romanova, Bonds Geliebte, greift die Frau an und schlägt ihr die Waffe aus der Hand. Rosa Klebb spiel ihren letzten Trumpf aus: eine vergiftete Schuhspitze. Damit tritt sie immer wieder nach Bond - ein Kampf auf Leben und Tod. Zum Glück schnappt sich Tatiana die Waffe, erschießt Klebb und rettet 007 damit aus höchster Not.

Der Raumgleiter Moonraker wird entführt. James Bond (Roger Moore) erhält den Auftrag, den gesamten Weg des Space Shuttles von seiner Herstellung bei der Firma Drax in Kalifornien bis zu seinem Verschwinden zu verfolgen. Seine Recherche führt ihn unter anderem nach Venedig. Dort besucht Bond eine Glasbläserei, die für Drax spezielle Glaszylinder produziert. Kurz nachdem er seine Gondel besteigt, wird Bond angegriffen. Eine wilde Jagd endet mit der Verwandlung der Gondel in ein Luftkissenboot und seiner Flucht über den Markusplatz. Jetzt weiß 007, dass er auf der richtigen Spur ist. Nachts besucht Bond erneut die Glasbläserei und findet dort ein geheimes Laboratorium vor. Sein Besuch bleibt nicht unbemerkt und entfacht einen heftigen Kampf wobei im angrenzenden Glasmuseum allerlei zu Bruch geht. Am nächsten Tag will Bond seinem Chef M und dem Verteidigungsminister das entdeckte Labor zeigen. Doch das Labor ist über Nacht wie von Geisterhand verschwunden, alle Spuren des Kampfes vom Vortag wurden beseitigt. Bond wird offiziell vom Fall abgezogen, inoffiziell recherchiert er trotzdem weiter …

Venedig, besser gesagt die Insel Murano, ist für seine Glasbläserkunst berühmt. Wer Interesse hat, sollte die kurze Fahrt dorthin machen und eine der Glasbläsereien besichtigen. In zahlreichen Geschäften kann man allerlei Nützliches und Unnützliches erwerben. Zwischen dem vielen bunten Glas lässt sich immer etwas Geschmackvolles finden, worüber sich die Lieben zuhause garantiert freuen werden.

Venedig ist eine auf Pfählen gebaute Lagunenstadt, die nur einen Meter über dem Meeresspiegel liegt. Das Wasser steht bereits um einige Zentimeter höher als noch vor 100 Jahren und steigt gegenwärtig im Durchschnitt um einige Millimeter pro Jahr. Der Klimawandel könnte das Problem noch verschlimmern. Pessimisten prophezeien Venedig den baldigen Untergang obwohl die Venezianer dagegen ankämpfen, indem sie die Fundamente der Palazzi stetig erneuern und stabilisieren. Genau dieses Thema hat sich Regisseur Martin Campbell rausgesucht und den Showdown von Casino Royale in einem renovierungsbedürftigen Palazzo inszeniert. James Bond, gespielt von Daniel Craig, schießt bei der Jagd auf die Bösewichte in die überdimensionalen Luftkissen, die während der Reparaturarbeiten das Fundament ersetzen. Sie explodieren mit einem lauten Knall und sofort entweicht aus ihnen die Luft. Das ganze Gebäude wird dadurch instabil, verliert seinen Halt und beginnt zu sinken. Die Aufnahmen sind spektakulär. Das Wasser im und rund um das Gebäude sprudelt, als würde es kochen. Der Außenkamin fällt in sich zusammen, die Dachziegeln rutschen herunter, der Balkon stürzt ab. Das Gebäude ist bereits halb versunken als es James Bond endlich gelingt seine Widersacher auszuschalten. Da bricht im Innern der eiserne Aufzugsschacht aus den Angeln. Seine Geliebte Vesper Lynd, gespielt von Eva Green, steckt darin fest und droht mit dem Haus unterzugehen. Kann der Geheimagent seiner Majestät sie noch rechtzeitig aus ihrem nassen Gefängnis befreien?

Der talentierte Mr. Ripley. Tom Ripley, dargestellt von Matt Damon, erhält den Auftrag, nach Italien zu reisen, um den amerikanischen Playboy Dickie Greenleaf, dargestellt von Jude Law zu überreden, in die USA zurückzukehren. Dickie aber denkt gar nicht daran dem Wunsch seines Vaters zu entsprechen, sondern zieht es vor, weiterhin das Dolce Vita mit seiner hübschen Verlobten Marge (Gwyneth Paltrow) in vollen Zügen zu genießen. Tom beneidet Dickie um das Leben, das er führt, um die Dinge die er besitzt, wie er so ist. Bei einer Rauferei in San Remo, die sich zum todernsten Kampf entwickelt, tötet Ripley den Menschen, den er wahrscheinlich am meisten auf dieser Welt bewundert und beneidet. Tom reist nach Venedig, um seine Spuren zu verwischen. Mit viel Talent verwandelt er sich von nun an in Dickie Greenleaf, schlüpft in dessen Haut, wohnt in seiner venezianischen Wohnung, täuscht Freunde, die Carabinieri, und sogar Dickies Vater. Lediglich Marge lässt sich nicht irreführen. Sie stellt Tom in Venedig, ist davon überzeugt, dass er ihren Verlobten umgebracht hat. Kommt Mr. Ripley mit seinem Talent, sich als jemand anders auszugeben, durch?

Rosalba (Licia Maglietta) traut ihren Augen nicht: Als sie von den Toiletten der Autobahnraststätte zurückkommt, sind der Ausflugsbus, ihr Mann, ihre zwei Söhne und die Reisegruppe weg. Einfach weg. Ihre Familie hat sie dort vergessen! Erst versucht Rosalba nach Hause zu trampen, landet aber durch Zufall in Venedig. Die perfekte Hausfrau und Mutter, die im Alltag von der Familie übersehen wird, nutzt den Vorfall als Chance, ihr Leben zu ändern. Beim Kellner Fernando (Bruno Ganz) wohnt sie zur Untermiete und lernt bei ihren Streifzügen durch Seitenstraßen und Nebengassen noch anderen skurrile Menschen kennen: Einen Blumenhändler, eine Masseuse und den Detektiv, den ihr Mann mit der Suche nach ihr beauftragt hat. Wandeln Sie in Brot & Tulpen mit Rosalba durch Venedig und entdecken Sie mit ihr die Ecken und Winkel fernab der Touristenpfade, beobachten Sie Rosalbas Veränderung. Endet der Trip mit einem Happy End oder findet der Detektiv die Hausfrau und schleppt sie wieder zurück an den Herd?

Die Waisenkinder Prosper und Bo fliehen vor ihrem Onkel und ihrer Tante nach Venedig. Nach dem Tod ihrer Mutter soll der fünfjährige Bo bei ihnen wohnen, der zwölfjährige Prosper jedoch im Kinderheim. Die Geschwister wollen sich keinesfalls voneinander trennen und reißen aus. Aber wieso ausgerechnet nach Venedig? Wie kommen die Kinder darauf? Ganz einfach: Weil es die Lieblingsstadt ihrer Mutter war und es weit weg von ihren Verwandten liegt. Hungrig und verzweifelt treffen sie dort auf den geheimnisvollen Herrn der Diebe, der sein Gesicht hinter einer Maske versteckt. Er nimmt sich ihrer an und bringt sie in sein Bandenversteck, ein verlassenes Kino. Weil das Kino damals Stella hieß, nennen es die Kinder ihr Sternenversteck. Doch Bo und Prosper sind nicht einmal in Venedig vor ihrem Onkel und ihrer Tante sicher. Ein von den Verwandten beauftragter Privatdetektiv folgt ihrer Spur durch die ganze Stadt …

Wer Kinder hat, sollte sich den Film unbedingt mit ihnen ansehen. Die Stadt wird darin mit allen ihren Facetten gezeigt: Der Herr der Diebe wohnt in einem Palazzo, es gibt eine Verfolgungsjagd durch die Kanäle und der geflügelte Löwe, das Wahrzeichen Venedigs, spielt eine Schlüsselrolle. Wir haben bei unserem letzten Besuch viele Kinder gesehen, die sich genau die gleiche Maske gekauft haben, wie sie der Herr der Diebe trug. Die gibt es in der Karnevalhochburg Venedig überall zu kaufen und sie passt in jeden Tankrucksack – ein tolles Mitbringsel für Kinder.

Venedig im Jahr 1973. Venedig im Winter. Ein britisches Ehepaar, John (Donald Sutherland) und Laura Baxter (Julie Christie), steht unter Schock. Seine Tochter ist vor kurzem ertrunken. Um darüber hinweg zu kommen, übernimmt John den Auftrag, eine Kirche in Venedig zu restaurieren. Eines Tages haben die beiden eine ziemlich beunruhigende Begegnung mit zwei Schwestern, von denen eine offenbar hellseherische Fähigkeiten hat. Sie behauptet, die verstorbene Tochter an ihrem Tisch sehen zu können. Laura ist davon fasziniert, aber ihr Mann hält es für Hokuspokus. Doch eines Tages, glaubt auch er, seine Tochter in ihrem markanten roten Regenmantel mit Kapuze in Venedigs Gassen zu sehen und verfolgt sie. Ein mysteriöses Ereignis reiht sich ans andere, bis es zu einer Katastrophe kommt.

Wer genau hinschaut sieht in den Bildern von Regisseur Nicolas Roeg das alte Venedig, das morbide Venedig, das noch unrestaurierte Venedig. Welch ein Kontrast zu heute, wo die Plätze, Häuser, Palazzi, Brücken und Kirchen in neuem Glanz erstrahlen. Übrigens: Der Film Wenn die Gondeln Trauer tragen ging in die Filmgeschichte ein und beeindruckt Regisseure bis heute. Eine Hommage sieht man in dem James-Bond–Film Casino Royale. 007 sucht und verfolgt seine Geliebte Vesper durch Venedigs Gassen. In Anlehnung an den roten Regenmantel trägt die Frau ein rotes Kleid.

Der junge Adlige Bassanio (Joseph Fiennes) möchte in Venedig zur Zeit der Renaissance der schönen und reichen Portia (Lynn Collins) den Hof machen. Da ihm das Geld fehlt um standesgemäß zu ihrem Landsitz zu reisen, bittet er seinen Freund, den Kaufmann Antonio (Jeremy Irons), um 3.000 Dukaten. Antonios gesamtes Vermögen ist derzeit in Schiffshandelsgeschäften angelegt, deren Schiffe auf allen Weltmeeren unterwegs sind. Deshalb bietet der Kaufmann von Venedig seinem Freund an, das Geld bei dem jüdischen Geldverleiher Shylock (Al Pacino) zu besorgen. Shylock hasst Antonio, weil dieser ihn für gewöhnlich voller Verachtung behandelt, beschimpft und sogar anspuckt, wenn ihm danach ist. Und daher fordert der Jude, dass - sollte die Schuld nicht binnen drei Monaten beglichen sein - der Preis dafür ein Pfund von Antonios Fleisch sein soll. Es kommt wie es kommen musste: Die Schiffe des Kaufmanns sinken. Er kann die Rückzahlungsfrist nicht einhalten. Der Geldverleiher fordert sein Pfand ein.

Der Film Der Kaufmann von Venedig ist üppig ausgestattet, hervorragend gespielt. Was einen trifft ist der Antisemitismus, den Shakespeare nicht zufällig als Thema nach Venedig gebracht hat, denn das jüdische Ghetto von Venedig war das erste Ghetto ganz Europas und wurde am 29. März 1516 eingerichtet. Dieser Name wurde dann als allgemeine Bezeichnung jüdischer Viertel, auch außerhalb Venedigs, übernommen. Es handelte sich um einen abgegrenzten Stadtteil, in dem man die Juden zu leben zwang und den sie zwischen dem Sonnenuntergang und dem Morgengrauen nicht verlassen durften. Die Isolation der jüdischen Gemeinde in Venedig dauerte bis 1797. Diesen Stadtteil gibt es heute immer noch. Das Ghetto unterscheidet sich vom Rest der Stadt durch ein anderes Aussehen, durch die case-torri. Das sind Turmhäuser mit einer ungewöhnlichen Zahl von Etagen und mit einer extrem niedrigen Zimmerhöhe, häufig unter 2 Metern.

Donna Leon • Endstation Venedig
Commissario Brunettis zweiter Fall

„Zuerst dachte die Frau, es sei ein Müllsack, den die nächtliche Flut vom Ufer herübergeschwemmt hatte. Aber die Form war seltsam symmetrisch, länglich, mit zwei Ästen, die an den Seiten herausragten, beinahe so, als ob … ‚Oh Dio’, japste sie und ließ ihre Kaffeetasse ins Wasser unter sich fallen, nicht weit entfernt von der seltsamen Form, die bäuchlings im Kanal trieb. ‚Nino, Nino’, schrie sie, während sie sich zum Schlafzimmer umdrehte. ‚Im Kanal treibt eine Leiche!’“

Brunettis zweiter Fall führt den Commissario aufs Festland in einen US-Stützpunkt, denn die Leiche im Kanal ist ein amerikanischer Soldat. Als Brunetti die Mauer des Schweigens der Amerikaner endlich durchbricht, gerät er in einen Strudel aus Verbrechen und Korruption, die bis in höchste politische, gesellschaftliche und militärische Kreise hineinreichen. Ein Kampf David gegen Goliath beginnt. Kann der kleine Commissario die großen, mächtigen Drahtzieher zur Strecke bringen?

Taschenbuch: 400 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-22936-3

Commissario Brunetti – Spezial

Donna Leon • Venezianisches Finale
Commissario Brunettis erster Fall

„Der Tod hatte die Züge des Mannes verzerrt, der in dem Sessel mitten im Zimmer lag. Seine Augen waren starr ins Leere gerichtet und die Lippen zu einer hässlichen Grimasse verzogen. Der Körper hing schwer zur einen Seite, der Kopf war gegen den Sesselrücken gepresst. Auf der gestärkten, blendendweißen Hemdbrust waren Spritzer einer dunklen Flüssigkeit. Einen Augenblick dachte die Ärztin, es sei Blut. Sie trat näher und roch mehr, als dass sie es sah, den Kaffee. Der andere Geruch, der sich mit dem des Kaffees vermischte, war ebenso eindeutig. Es war der durchdringende, säuerliche Geruch nach bitteren Mandeln, über den sie bislang nur gelesen hatte.“

In der Garderobe des deutschen Stardirigenten Helmut Wellauer riecht es unverkennbar nach Zyankali, als Commissario Guido Brunetti in Venedigs Opernhaus La Fenice eintrifft. Chor, Orchester, Bühnenpersonal, Sänger – über hundert Leute hätten dem Maestro das Gift in den Kaffee schütten können. War es Regisseur Franco Santore, der kurz vor Wellauers Tod eine heftige Auseinandersetzung wegen einer nicht eingehaltenen Vereinbarung des Dirigenten hatte? Sopranistin Flavia Petrelli, der Wellauer drohte ihre lesbische Beziehung zu der Amerikanerin Brett Lynch herauszuposaunen wodurch ihr Ex-Ehemann das Sorgerecht ihrer gemeinsamen Kinder einfordern konnte? Die hübsche, siebenunddreißig Jahre jüngere Ehefrau? Clemenza Santina, eine verbitterte Greisin, die seit fünfzig Jahren eine offene Rechnung mit Helmut Wellauer hat? Für Commissario Brunetti wegen der Prominenz des Opfers ein heikler Fall. SH

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-22780-2

Donna Leon • Venezianische Scharade
Commissario Brunettis dritter Fall

„Die Leiche lag auf dem Rücken, die Außenseiten der Knöchel drückten in die Erde. Der Polizist beugte sich vor, teilte das Gras mit der Hand, und eine haarlose Wade kam zum Vorschein. Er nahm die Sonnenbrille ab, spähte angestrengt in den Schatten und verfolgte mit seinem Blick die langen, muskulösen Beine über knochige Knie bis zu dem spitzenbesetzten roten Schlüpfer unter dem knallroten Kleid, das übers Gesicht der Leiche gezogen war. Er starrte noch einen Augenblick länger hin.
‚Cazzo!’ rief er und ließ das Gras los.
‚Was ist?’ fragte der andere.
‚Das ist ein Mann!’“

Brunettis Urlaub fällt ins Wasser der im August stinkenden Lagune. Statt mit seiner Familie die Kühle der Berge zu genießen, ermittelt er bei sengender Hitze in Mestre auf der Via Cappuccina, dem Transvestitenstrich. Die Spuren führen Commissario Brunetti zur Geschäftsleitung der Banca die Verona sowie Giancarlo Santomauro, einem der bekanntesten Anwälte und Präsident einer Vereinigung zur Bewahrung und dem Fortbestand von Glauben, Familie und Tugend. Der Kontrast zum Opfer könnte nicht größer sein. Mit Hilfe von Sergente Vianello, seinem fähigsten Mitarbeiter und der neuer Sekretärin Signorina Elettra deckt Brunetti die Zusammenhänge zwischen den Transvestiten und den Saubermännern auf. Die Schlüsselfrage lautet: Wer kaufte das Paar Damenschuhe aus rotem Satin in Übergröße einundvierzig? SH

Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-22990-5

Donna Leon • Vendetta
Commissario Brunettis vierter Fall

„’Bitte Signore, wachen Sie auf, zeigen Sie mir Ihre Fahrkarte’, sagte die Schaffnerin, wobei sie sich über ihn beugte und ihn an der Schulter rüttelte. Kaum hatte sie ihn angefasst, kippte der Mann vom Fenster weg, fiel vornüber und glitt vom Sitz auf den Boden. Im Fallen verrutschte sein Jackett, und sie sah das blutdurchtränkte Hemd. Der unverkennbare Gestank von Urin und Kot drang ihr in die Nase. ‚Maria Vergine’, japste sie und trat sehr langsam rückwärts aus dem Abteil. Sie war seit fünfzehn Jahren bei der Bahn und hatte so etwas noch nie erlebt, aber sie tat das Einzige, was ihr einfiel: Sie ging ins Nachbarabteil und griff nach der Notbremse.“

Ein Lastwagen, in dem acht rumänische Frauen nach Italien geschmuggelt werden sollen, verunglückt in den Dolomiten. Kurz darauf wird in Venedig ein angesehener Anwalt ermordet. In seinem Notizbuch findet man Telefonnummern aus Rumänien. Hängen beide Vorkommnisse zusammen? Commissario Brunetti glaubt ja. Bei seinen Ermittlungen verfängt er sich schnell in einem Netz aus Bestechung, Korruption, Menschenhandel und Prostitution, aus dem er sich nur befreien kann, indem er seine wichtigsten Hilfsmittel einsetzt: Verbindungen nutzen und Gefallen einfordern. Was Brunetti schließlich herausfindet, lässt ihn an dem Guten im Menschen zweifeln.“

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23100-7

Donna Leon • Acqua alta
Commissario Brunettis fünfter Fall

„Sie kniete sich neben die andere Frau, die auf dem Rücken lag. ‚Brett, Brett’, rief sie, während sie auf die Freundin hinunterblickte. Der untere Teil von Bretts Gesicht war voller Blut, das ihr aus Nase und Lippe quoll und aus einer Platzwunde an der linken Stirnseite strömte. Sie hatte ein Knie unter sich gezogen, ihr Pullover war bis ans Kinn hochgerutscht und entblößte ihre Brüste. ‚Brett’, sagte Flavia noch einmal, und einen Augenblick lang hielt sie die völlig reglose Frau für tot.“

Die Expertin für chinesische Kunst Brett Lynch wir in ihrer Wohnung von zwei Männern brutal zusammengeschlagen: Zwei gebrochene Rippen, angebrochener Kiefer, aufgeschürfter Rücken, das Gesicht grün und blau, Blutergüsse am ganzen Körper. Eine Warnung, das geplante Treffen mit dem Museumsdirektor Semenzato abzusagen. Wer greift zu so grausamen Mitteln, nur um ein Gespräch zwischen zwei Fachleuten zu verhindern? Guido Brunetti besucht Brett Lynch im Krankenhaus als Freund, da der Fall von einem seiner Kollegen bearbeitet wird. Als drei Tage später Museumsdirektor Semenzato in seinem Büro im Dogenpalast tot aufgefunden wird, ist der Polizist gefragt und Commissario Brunetti geht in der Kunstszene Venedigs auf die Jagd nach dem Übeltäter. Dabei behindert ihn das ungeliebte Hochwasser: Acqua alta überflutet die Lagunenstadt. SH

Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23118-2

Donna Leon • In Sachen Signora Brunetti
Commissario Brunettis achter Fall

„’Haben Sie Ihren Ausweis dabei?’, fragte der Polizist. Sie nickte und griff in ihre Tasche. Er kam nicht auf die Idee, dass es gefährlich sein könnte, eine Frau, die er eben erst wegen einer Gewalttat festgenommen hatte, in eine große Tasche greifen und etwas herausnehmen zu lassen. Ihre Hand kam mit einer ledernen Brieftasche wieder zum Vorschein. Sie klappte sie auf, nahem den beigefarbenen Ausweis heraus, klappte auch diesen auf und legte ihn mit dem Bild nach oben vor ihn auf den Schreibtisch. Der Beamte sah das Foto an und stellte fest, dass es schon vor einiger Zeit aufgenommen sein musste, als sie noch eine wirkliche Schönheit war. Dann las er den Namen. ‚Paola Brunetti?’, fragte er, ohne sein Erstaunen verbergen zu können. Sie nickte. ‚Gütiger Himmel, dann sind Sie Brunettis Frau!’“

Dass Brunettis Frau Paola eine energische Streiterin gegen soziale und politische Ungerechtigkeiten ist, weiß der Commissario. Nicht für möglich jedoch hält er es, dass die intelligente Paola, Professorin an der Universität von Venedig, nachts mit einem Stein das Schaufenster eines Reisebüros einwirft. Der Grund für Paolas Wutausbruch: Das Reisebüro vermittelt Sexreisen nach Thailand, bei denen perverse Europäer asiatische Kinder vergewaltigen. Signora Brunetti will durch ihre Tat die Öffentlichkeit wachrütteln und den einschlägigen Reisebüros das Handwerk legen. Brunetti gerät in eine Zwickmühle – moralisch ist er zwar auf der Seite seiner Frau, als Kriminalkommisssar kann und darf er ihre Tat jedoch nicht billigen. Spätestens als Dottor Mitri, der vermögende Inhaber des Reisebüros, ermordet wird, stehen Brunettis und Paolas Karriere auf dem Spiel.

Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23311-7

Donna Leon • Sanft entschlafen
Commissario Brunettis sechster Fall

„Maria lag im Bett ganz hinten an der Wand. Er ging zu dem Bett, blieb stehen, trat aber dann ans Kopfende. Ihre dichten Wimpern waren kaum zu erkennen vor den dunklen Schatten unter beiden Augen. Ein Büschel kurzer dunkler Haare schaute unter dem Verband um ihren Kopf hervor. Ihre Nase war auf einer Seite von dem Mercuro-Chrom auf einer Schürfwunde verfärbt, die dort anfing und erst am Kinn endete. Die schwarzen Nähte begannen kurz über ihrem linken Wangenknochen und verschwanden unter dem Verband. Unter der leichten blauen Decke wirkte ihr Körper nicht größer als der eines Kindes, gruselig verzerrt durch den dicken Verband um ihre eine Schulter. Brunetti starrte zuerst auf ihren Mund, und als er dort keine Bewegung erkennen konnte, auf ihre Brust. Anfangs war er nicht sicher, doch dann sah er die Decke sich heben und senken, wenn sie leise ein- und ausatmete. Er fühlte sich erleichtert.“

Als Commissario Brunetti in Abwesenheit seines Chefs für zwei Wochen die Questura leiten muss, stellt er sich auf eine ruhige Zeit ein. Doch dann taucht Schwester Immacolata auf. Die sizilianische Nonne behauptet, in dem Altersheim, in dem sie arbeitet, würden Patienten zuerst genötigt, ihr Vermögen der Kirche zu vermachen, und dann umgebracht. Brunetti kann diese Vorwürfe zunächst nicht glauben und beginnt nur zögernd zu ermitteln. Er befragt routinemäßig Erben, spricht mit der Mutter Oberin von Schwester Immacolata, stellt ihren Beichtvater zur Rede und fühlt dem Direktor des Altenheims auf den Zahn. Erst als ein Mord geschieht und die Nonne in Lebensgefahr gerät, gibt der Commissario Gas.

Taschenbuch: 354 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23139-7

Donna Leon • Nobiltà
Commissario Brunettis siebter Fall

„Bortot blickte in die ausgehobene Grube, die inzwischen etwa drei mal drei Meter maß, dann auf die Knochen und die geschrumpften Organe zu seinen Füßen. Plötzlich sagte Litfin: ‚Warum meinen Sie, dass es ein junger Mann war?’ Bortot bückte sich, bevor er antwortete, und hob den Schädel auf. ‚Die Zähne’, sagte er und reichte ihn dem anderen. Aber anstatt die Zähne anzusehen, die in gutem Zustand waren und keine Spuren von Altersverschleiß aufwiesen, drehte Litfin den Schädel mit einem leisen Überraschungsruf um. Hinten in der Mitte, genau über der Vertiefung, in die der noch fehlende erste Wirbel passte, befand sich ein kleines rundes Loch.“

Am Rand der Dolomiten, nahe Belluno, wird beim Bestellen eines Feldes ein Skelett entdeckt. Bei den Ausgrabungen taucht außerdem ein Siegelring auf. Ein breiter Goldreif mit dem kunstvollen Flachrelief eines aufgerichteten Adlers, der in seiner linken Kralle eine Fahne, in der rechten ein Schwert hält: Das Wappen der Familie Lorenzoni aus Venedig. Sind das die sterblichen Überreste des vor zwei Jahren entführten Roberto, dem einzigen Sohn des Conte Lorenzoni? Damals verschwanden Täter und Geisel spurlos, ohne dass jemals Lösegeld gezahlt wurde. Commissario Brunetti rollt die Geschichte wieder auf, denn aus der Entführung ist nun Mord geworden. Er lässt seine Beziehungen spielen und klärt mit Hartnäckigkeit und Intuition diesen verzwickten Fall auf. SH

Taschenbuch: 304 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23260-8

Donna Leon • Feine Freunde
Commissario Brunettis neunter Fall

„Brunettis Hände krampften sich um das Zeitungsblatt. Er sah kurz auf, dann las er den Artikel unter dem Foto. Francesco Rossi, Inspektor beim Katasteramt, stürzte am Samstagnachmittag bei der Abnahme eines Umbauprojekts vom Gerüst eines Hauses in Dorsoduro. Rossi wurde ins Ospedale Civile gebracht, wo man seinen Zustand als ‚bedenklich’ bezeichnet. Schon lange vor seinem Eintritt in den Polizeidienst hatte Brunetti jeglichen Glauben an den Zufall abgelegt. Er wusste, dass Dinge geschahen, weil vorher andere Dinge geschehen waren. Seit er Polizist war, hatte er dazu noch die Überzeugung gewonnen, dass Zusammenhänge zwischen Geschehnissen – solchen zumindest, mit denen er sich von Berufs wegen zu befassen hatte – selten von der harmlosen Art waren.“

In seinem neunten Fall erwartet Commissario Brunetti ein Puzzle mit vielen Teilen: Rossi stürzt tödlich von einem Baugerüst, der Anwalt Cappelli wird erschossen, Marco Laudi stirbt an einer Überdosis Heroin. Wie passt eigentlich das unscheinbare Ehepaar Volpato ins Bild? Sie sollen Geldverleiher der übelsten Sorte sein mit wasserdichten Verträgen. Im Verlauf der Ermittlungen werden zwei Drogenabhängige im selben Haus wie Rossi getötet, und Brunetti gerät enorm unter Druck. Zinswucher, Korruption und Habgier bereiten dem Commissario diesmal mehr als die üblichen Probleme. Brunetti bedient sich seiner Freunde bei der Zeitung Il Gazzettino, schickt Signorina Elettra zu den Zinswucherern und stellt im Ospedale Civile eine Falle auf. Kann er den Mörder damit fangen und somit das Ganze Puzzle zusammensetzen? SH

Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23339-1

Donna Leon • Das Gesetz der Lagune
Commissario Brunettis zehnter Fall

„Chiara Petulli wandte sich an die neben ihr stehende Frau, die Witwe eines Fischers, und fragte: ‚Wo ist Giulio?’ Die Witwe blickte um sich. Dann wiederholte sie die Frage. Jemand, der neben ihr stand, griff die Frage auf und gab sie weiter, in Sekundenschnelle hatte sie sich durch die Menschenmenge fortgepflanzt, war aber unbeantwortet geblieben. ‚Und Marcello?’, fügte Chiara Petulli hinzu. Diesmal hörten alle die Frage zugleich. Da lag das Boot im seichten Wasser, kaum dass die versengten Masten noch herausragten, doch von Giulio Bottin war nichts zu sehen, auch nicht von seinem Sohn Marco, achtzehn Jahre alt, und schon Teileigner der Squallus, die an diesem plötzlich klammen Frühlingsmorgen verbrannt und leblos auf dem Grund des Hafens von Pellestrina lag.“

Dass Brunetti diesmal nicht in Venedig, sondern auf der Fischerinsel Pellestrina ermitteln muss, hat Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite können der Commissario und Sergente Vianello jeden Tag die herrliche Hin- und Rückfahrt über das Wasser der Lagune genießen. Auf der anderen Seite erweisen sich die Fischer Pellestrinas als äußerst verschwiegene Zeugen, die sich gegenseitig decken und mit der Polizei nichts zu tun haben wollen. Dabei geht es um zwei von ihnen: Vater und Sohn wurden mitsamt ihres Bootes auf den Meeresgrund geschickt, der Vater mit eingeschlagenem Schädel, der Sohn mit einem Messerstich im Bauch. Um die verschworene Gemeinschaft der Fischer zu knacken, schickt Brunetti zwei seiner Leute under cover nach Pellestrina. Dabei ahnt er nicht, dass er nicht nur sich selbst, sondern auch seine Kollegen in Lebensgefahr bringt.

Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23379-7

Donna Leon • Die dunkle Stunde der Serenissima
Commissario Brunettis elfter Fall

„Dass Claudia am nächsten Tag nicht in der Vorlesung war, fiel Paola zwar auf, aber sie dachte sich nichts weiter dabei. Studenten waren von Haus aus unzuverlässig, auch wenn Claudia eigentlich nicht so gewirkt hatte. Den Grund für ihr Fehlen erfuhr sie durch einen Anruf von Brunetti, der sie wenig später in ihrem Büro an der Universität erreichte. ‚Ich habe eine schlechte Nachricht für dich’, begann er. Und da er spürte, dass sie sofort um die Sicherheit ihrer Familie bangte, fuhr er so ruhig wie möglich fort: ‚Nein, es betrifft nicht die Kinder.’ Er ließ ihr einen Moment Zeit, sich zu fassen, und fuhr dann fort: ‚Es geht um Claudia Leonardo. Sie ist tot.’“

Diesmal versetzt die Ermittlung Commissario Brunetti weit in die Vergangenheit, zurück zum Zweiten Weltkrieg, ins Ghetto von Venedig. Die Bezeichnung Ghetto stammt vom venezianischen Gettore ab und meint den Stadtteil Cannaregio, in dessen Nachbarschaft sich eine Gießerei befand (getto = Guss). Im März 1516 beschloss die Regierung der Republik Venedig, die jüdische Gemeinde dort in einem einzigen Stadtviertel zusammenzufassen. Und genau dort kam es Anfang der 1940er Jahre durch Luca Guzzardi, dem Großvater von Claudia Leonardo, zu unrechtmäßigen Bereicherungen. Er nutzte die Not der flüchten Juden aus und erstand Kunstgegenstände zu Schnäppchenpreisen. Gemälde, Zeichnungen, Keramiken, Schnitzereien und Drucke von Degas, Cézanne, Goya, Otto Dix und Tizian blieben jahrelang verschwunden. Musste die Studentin deswegen sterben? Wegen Geld? Wegen sehr viel Geld? Brunetti trifft im Zuge seiner Ermittlungen auf Claudias Oma, die nicht ihre richtige Oma ist, auf eine Tante, die nicht ihre richtige Tante ist und auf Claudias Mutter, die vor Jahren von der Bildfläche verschwand. Hat eine dieser Frauen mit den wertvollen Kunstgegenständen zu tun? Und wie hat der windige Notar Filipetto seine Finger im Spiel? SH

Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23448-0

Donna Leon • Verschwiegene Kanäle
Commissario Brunettis zwölfter Fall

„Das, was da schwarz und drohend von der Decke hing, war bestimmt zwei Meter lang und so breit wie ein ausgewachsener Mensch. Trotzdem sah es aus wie ein Vampir: Ganz deutlich erkannte er den Kopf über den schlaff herabhängenden Flügeln und darunter die Krallenfüße. Wie ein Blinder folgte er seiner sehenden Hand an der Wand entlang, bis er den Lichtschalter gefunden hatte. Obwohl die Spukgestalt im Hellen deutlicher hervortrat und an Kontur gewann, verlor sie weder ihre Ähnlichkeit mit einer Fledermaus, noch milderte sich die Drohgebärde der im Luftzug schleifenden Flügel. Nur dass sich diese Flügel mit einemmal als der reiche Faltenwurf eines der dunklen Paletots entpuppte, die zur Winteruniform der Kadetten gehörten, und aus dem Fledermauskopf im Licht der Neonröhren der Kopf von Ernesto Moro wurde, einem Venezianer und, gleich dem Jungen, der sich nun, von heftigem Brechreiz geschüttelt, über einem Waschbecken krümmte, Schüler der Militärakademie San Martino.“

Verschwiegen sind nicht nur die Kanäle Venedigs, verschwiegen sind auch die Kanäle zwischen politischer und militärischer Macht. Um letztere geht es in Commissario Brunettis zwölftem Fall: An einem grauen Novembermorgen wird im Waschraum der angesehenen Militärakademie San Martino die Leiche eines Kadetten gefunden. Kopfüber hängt der Junge an der Decke. Für das Militär ist der Sachverhalt eindeutig – Selbstmord. Doch Brunetti glaubt nicht an diese ganz offensichtlich zu einfache Erklärung. Und nicht nur er – auch Dottore Moro, der politisch engagierte Vater des Toten stellt Nachforschungen an. Beide decken geheime Machenschaften auf, die tief in die Ränge der Eliten von Politik und Militär hineinreichen.

Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23523-2

Donna Leon • Beweise, dass es böse ist
Commissario Brunettis dreizehnter Fall

„Wer immer sie getötet hatte, musste sie völlig überrumpelt haben, denn die leere Tasse und die Fernbedienung auf dem Tisch neben ihr waren unversehrt geblieben. Die Fliegen kreisten rastlos zwischen einer Schale mit frischen Feigen und Signora Battestinis Kopf. Die Arme der Toten waren nach vorne ausgestreckt, die linke Wange berührte den Boden. Die Wunde am Hinterkopf erinnerte ihn an einen Fußball, den der Hund seines Sohnes einmal so zerbissen hatte, dass zur Hälfte die Luft entwich. Im Gegensatz zum Kopf der Alten hatte die Hülle jedoch keinen Schaden genommen; nichts war ausgelaufen.“

Weil Commissario Brunetti mit seiner Familie im Urlaub ist, wird Tenente Scarpa zu diesem Mordfall gerufen. Geleitet von Vorurteilen verdächtigt er sofort die rumänische Haushaltshilfe und bittet die Grenzpolizei in Villa Opiema, die Flüchtige im Zagreb-Express an der Grenze abzufangen. Die Rumänin gerät bei der Verhaftung in Panik und versucht zu fliehen. Die Verfolgungsjagd endet tödlich. Die Frau wird von einem Zug erfasst. Für Tenente Scarpa ist der Fall damit gelöst: Der Fluchtversuch ein klares Schuldeingeständnis, gefälschte Papiere und eine große Summe Bargeld Beweis genug. Selbstgefällig prahlt er vor Vice-Questore Patta, wie zügig er dieses Gewaltverbrechen gelöst habe. Doch Scarpa hat die Rechnung ohne Brunetti, Vianello und Elettra gemacht. Nach seinem Urlaub rollt Commissario Brunetti den Fall wieder auf und sucht nach dem wahren Schuldigen. SH

Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23581-4

Donna Leon • Blutige Steine
Commissario Brunettis vierzehnter Fall

„Die Reisegruppe diskutierte lebhaft über die Taschen, wobei das Interesse mittlerweile zwischen den Angeboten der rivalisierenden Händler schwankte. Auch die zwei Außenseiter rückten auf ein Zeichen des Größeren näher, bis sie nur noch ein halber Schritt von den Amerikanern in der ersten Reihe trennte. Als er sie hervortreten sah, stieß sich der erste Verkäufer mit dem rechten Fuß ab und wich in einer halben Drehbewegung von seinem Tuch, vor den Touristen und den beiden Männern zurück. Die aber zogen gleichzeitig und so geschmeidig und routiniert, dass es niemandem auffiel, die rechte Hand aus der Tasche und zückten jeder eine Pistole mit aufgesetztem Schalldämpfer. Der Größere feuerte zuerst, doch man hörte nichts weiter als ein dumpfes Tock, Tock, Tock, begleitet vom zweifachen Echo aus der Waffe seines Gefährten. Seine Schwungkraft trug den jungen Taschenverkäufer noch ein Stück weit von seinem Tuch fort; dann erschlaffte die Bewegung allmählich. Der junge Afrikaner stieß einen Schrei aus und riss den Arm hoch. Einmal noch drehte sein Körper sich halb um die eigene Achse, dann stürzte der Mann inmitten seiner Taschen zu Boden.“

In Venedig wird auf dem Campo Santo Stefano ein Handtaschenverkäufer erschossen. Für Vice-Questore Patta ist der Fall glasklar - rivalisierende Schwarzafrikaner haben einen Konkurrenten aus dem Weg geräumt. Doch Commissario Brunettis untrüglicher Instinkt führt ihn bei seinen Ermittlungen in eine ganz andere Richtung: Der ,Vucumprà’, wie die Verkäufer nachgemachter Handtaschen im Volksmund genannt werden, wurde von Profis getötet. Als dann noch Rohdiamanten aus Angola im Wert von mehreren hunderttausend Euro auftauchen, weiß Brunetti, dass er die Mörder auf höchster politischer und wirtschaftlicher Ebene suchen muss. Genau zu diesem Zeitpunkt entzieht ihm das Ministerium in Rom den Fall - der Commissario hatte also Recht und tief in ein Wespennest gestoßen. Unter der Hand ermittelt er weiter und versucht, den mächtigen Bossen in Politik und Wirtschaft ein Schnippchen zu schlagen.

Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23665-1

Donna Leon • Wie durch ein dunkles Glas
Commissario Brunettis fünfzehnter Fall

„Auf einmal entdeckte Brunetti vor dem Ofen, kaum mehr als zwei Meter entfernt, einen Schatten. Wieder hob er die Hand vors Gesicht, diesmal um das allzu grelle Licht abzublenden und erkennen zu können, was es mit dem Schatten auf sich hatte. Aber der gleißende Feuerschein drang zwischen seinen Fingern hindurch und zwang ihn, die andere Hand dazuzunehmen, um den Schutzschild zu vergrößern. Und dann, im ersten Morgenlicht, sah er es. Ein Mann, ein großer Mann, lag vor dem dritten Schmelzofen am Boden. Brunetti wandte sich ab, und sein Blick fiel auf die Thermometer, die in einer Reihe an der Wand hingen. Forno III brachte es auf 1342 Grad Celsius, während die Temperatur der beiden anderen Öfen weniger als die Hälfte dessen betrug. Brunetti musste noch ein Stück zurückweichen, denn selbst hier fiel ihn die Hitze an und drohte ihn zu rösten.“

Dieser ungewöhnliche Fall führt den Commissario nach Murano, auf die Glasbläserinsel. Der tote Mann, Giorgio Tassini, arbeitete als Nachtwächter in der Glasbläserei De Cal und Fasano. Alles deutet zunächst auf einen Unfall hin. Hat sich Tassini während seiner Schicht nebenher ein Stück gebrannt und ist dem Ofen aus Unachtsamkeit zu nahe gekommen? Als Brunetti den Hinterbliebenen die schreckliche Nachricht überbringt, bekommt er einen Umschlag ausgehändigt. Darin findet er einen Zettel mit Zahlen, auf die er sich zunächst keinen Reim machen kann. Ausgerechnet seine Tochter Chiara identifiziert einige Zahlen als GPS-Koordinaten. Andere führen Brunetti zu Dantes Inferno. In diesem Zahlenrätsel liegt der Hinweis auf einen Umweltskandal und eine simple Quittung bringt den Mörder zu fall. SH

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-23786-3

Donna Leon • Lasset die Kinder zu mir kommen
Commissario Brunettis sechzehnter Fall

„Die Nacht explodierte. Die Wohnungstür barst nach innen und knallte gegen die Wand: Die Klinke rammte ein Loch in den Putz. Ein Mann enterte die Wohnung: Er trug eine Skimaske, einen Tarnanzug, schwere Stiefel und hielt eine Maschinenpistole im Anschlag. Ihm folgte ein zweiter Maskierter in ähnlicher Montur. Hinter den beiden kam ein Hüne in dunkler Uniform, aber ohne Maske. Zwei weitere Männer in der gleichen dunklen Kluft postierten sich draußen vor dem Haus. Die beiden maskierten Männer stürmten durchs Wohnzimmer und den Flur entlang zu den Schlafräumen. Einer sah das Kinderbettchen und die Mobiles, die sich in der Zugluft langsam zu drehen begannen. ,Ich hab ihn!’, rief der Mann, ohne seine Stimme zu dämpfen.“

Weshalb stürmen bewaffnete Carabinieri mitten in der Nacht die Wohnung des angesehenen Kinderarztes Dr. Pedrolli? Weshalb schlagen sie ihn zusammen, bedrohen seine Frau und nehmen sein 18 Monate altes Kind mit? Auch Commissario Brunetti weiß auf diese Fragen zunächst keine Antwort. Dann bekommt er heraus, dass die Pedrollis offenbar illegal ein Baby adoptiert haben – eine in Italien häufige Maßnahme verzweifelter kinderloser Eltern. Doch wer hat die Pedrollis angezeigt? Brunetti ahnt, dass hinter diesem Fall mehr steckt als nur tätlicher Angriff, Hausfriedensbruch und Körperverletzung. Und schon bald deckt er ein Geflecht von Geschäftemacherei, Bigotterie, Missgunst und Neid auf, bei dem vor allem eines auf der Strecke bleibt – die Menschlichkeit.

Taschenbuch: 368 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-24011-5

Donna Leon • Das Mädchen seiner Träume
Commissario Brunettis siebzehnter Fall

„Ein helles, zerzaustes Etwas trieb, algengleich, etwa einen Meter links von der Treppe im Wasser. Was immer es war – der Regen, der aufs Wasser prasselte, machte es unkenntlich. Eine Plastiktüte? Zeitungsfetzen? Dann, nicht weit entfernt, noch etwas. Ein Fuß. Er war ganz deutlich zu sehen: ein kleiner Fuß und, darüber ein Knöchel. ‚Bringen Sie mich zur Calle Traghetto’, wies Brunetti den Bootsführer an. ‚Ich versuche, von dort aus ranzukommen.’“

Commissario Brunetti fischt den Körper eines toten Mädchens aus dem Canal Grande. Das Mädchen ist klein und zierlich, vermutlich zehn bis elf Jahre alt. Doch eine Vermisstenmeldung liegt nicht vor. Ein Touristenkind vielleicht? Ein gestohlener Ring und eine Uhr führen Brunetti zu einer Wohnwagensiedlung, einem campo nomadi, der Roma. In dem Lager empfangen ihn Männer mit dunklen, feindseligen Augen und bilden eine Mauer des Schweigens um den Fall. Das Mädchen war fast eine Woche verschwunden, aber weder Vater noch Mutter hat es als vermisst gemeldet. Wieso? Nur der kleine Bruder bricht das Schweigen und spricht mit der Polizei. Er verdächtigt den Tigermann und Commissario Brunetti geht in Venedig auf Großwildjagd. SH

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-24057-3

Donna Leon • Schöner Schein
Commissario Brunettis achtzehnter Fall

„,Ich war bei Cataldo’, nahm Conte Falier den Faden wieder auf. ,Und seinen Schiffen. Er hat sich verkalkuliert. Denn es gibt tatsächlich Dinge, vor denen selbst die Chinesen zurückschrecken, und er hat drei Schiffe voll davon. Die können nirgendwo mehr hin, und zurückkommen können sie erst, wenn sie ihre Fracht losgeworden sind, weil kein Hafen in Europa sie damit reinlassen würde’. Während der Conte seine Gedanken sammelte, fragte Brunetti: ,Was wird nun aus der Fracht?’ ,Ihm bleibt nichts anderes übrig, als die Chinesen zu kontaktieren und etwas mit ihnen auszuhandeln. Die wissen natürlich längst Bescheid. Früher oder später erfahren die alles. Sie werden ihn noch eine Weile hinhalten, und er wird ein Vermögen zahlen, um das Zeug loszuwerden.’ Als er Brunettis Reaktion bemerkte, versuchte er zu erklären: ,Cataldo hat diese Schiffe gechartert, vergiss das nicht: Sie gehören nicht ihm. Und jetzt kreuzen sie im Indischen Ozean herum und warten, bis er einen Hafen für sie gefunden hat, wo sie den Müll abladen können. Jeder Tag kostet ihn eine Stange Geld. Und je länger sie da draußen bleiben, desto mehr Leute erfahren, was sie geladen haben, und desto höher steigt der Preis.’ ,Was haben sie geladen?’ ,Ich vermute, es handelt sich um Atommüll und hochgiftige Chemikalien.’

Auf dem Festland, in Tessera, wird ein Speditionsunternehmer ermordet. Die Polizei glaubt an einen aus dem Ruder gelaufenen Raubüberfall, die Carabinieri nicht. Maggiore Guarino sieht nämlich Verbindungen zur Müllmafia, die Giftabfälle in großem Rahmen nach Afrika verschiebt. Als einer der Verdächtigen in Venedig gesehen wird, bittet der Maggiore Commissario Brunetti um Amtshilfe. Bei seinen Nachforschungen enthüllt Brunetti schmutzige Geheimnisse, die bis in seine Familie hineinreichen – sein Schwiegervater, der reiche Conte Orazio Falier, scheint mit der Müllmafia Geschäfte zu machen. Was Brunetti jedoch am meisten verwirrt, ist die undurchsichtige Rolle von Franca Marinello. Ist die attraktive Frau des Müllschiebers Cataldo Opfer oder Täterin? Brunetti weiß, dass er sich mit dem organisierten Verbrechen anlegt. Und dass diese Leute jeden ermorden, der ihre Geschäfte stört.

Taschenbuch: 352 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-24098-6

Donna Leon • Auf Treu und Glauben
Commissario Brunettis neunzehnter Fall

„Griffoni hatte einen Schlüssel; sie betraten einen großen Innenhof mit vielen Palmen und Sträuchern in Töpfen; die hintere Seite lag bereits im Schatten. Dort bewegte sich etwas. Ein junger Beamter, einer der Neuen, sprang auf und salutierte vor den beiden Commissari. Dann sah Brunetti das Absperrband, das den Hof durchschnitt; der junge Mann stand dahinter. Er und Griffoni tauchten unter dem Band durch. ,Wo hat er gelegen?’, fragte Brunetti. ,Da drüben, Commissario’, sagte der junge Polizist und zeigte nach hinten auf die Treppe, die zur Haustür hinaufführte. Brunetti und Griffoni gingen dorthin; Brunettis Aufmerksamkeit richtete sich auf einen Blutfleck, der ein Quadrat etwa von der Größe eines Kopfes umschloss. Darunter war mit Kreide der Umriss eines Mannes gezeichnet, die Füße zeigten in ihre Richtung. Aus Brunettis Blickwinkel wirkte die Gestalt in der Tat klein.“

Noch bevor Brunetti an seinem kühlen Urlaubsort in den Bergen ankommt, läutet sein Telefon. Die Kollegin Commissario Griffoni meldet ihm den Mord an einem Mitarbeiter des Tribunale. Die Tatzeit ist nicht eindeutig bestimmbar, möglicherweise wurden Spuren verwischt und Tennente Scarpa behält wichtige Informationen für sich. Genug Gründe für Brunetti, mit dem EuroCity von München nach Venedig wieder zurückzufahren und seinen Mitarbeiter Vianello und Pathologen Rizzardi ebenfalls aus ihren Ferien zurückzubeordern. Die Aufklärung des Mordes rankt sich um die Skulptur eines byzantinischen Löwen, leere Vogelkäfige und um einen Pullover – und das bei sommerlicher Hitze. SH

Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-24204-1

Donna Leon • Reiches Erbe
Commissario Brunettis zwanzigster Fall

„Sie holte tief Luft, machte einen Schritt nach vorn und noch einen und noch einen. Dann hielt sie inne, sie konnte einfach nicht weiter. Sie sagte sich, wie töricht sie sei, nahm ihren Mut zusammen und riskierte einen Blick durch die halboffene Tür. ,Constan-´, begann sie, schlug aber beide Hände vor den Mund, als sie auf dem Fußboden eine Hand liegen sah. Dann den Arm, die Schulter und schließlich den Kopf, zumindest den Hinterkopf. Und das kurze, weiße Haar. Anna Maria hatte die alte Frau seit Jahren fragen wollen, ob ihre Weigerung, sich die Haare in dem für Frauen ihres Alters obligatorischen Rot färben zu lassen, ebenfalls mit ihrer Sparsamkeit zu tun habe oder ob sie damit bloß akzeptierte, dass weißes Haar ihr faltiges Gesicht weicher und würdevoller erscheinen ließ. Sie sah auf die reglose Frau hinunter, die Hand, den Arm, den Kopf. Und erkannte, dass sie ihr die Frage niemals mehr stellen konnte.“

In einer Wohnung im Stadtteil Santa Croce wird Signora Altavilla, eine alte Dame, tot aufgefunden. Commissario Brunetti wird dafür vom Abendessen weggerufen, was ihn normalerweise verärgert hätte. Diesmal jedoch ist es ihm mehr als recht: Er musste einer Einladung seines Vorgesetzten Vice-Questore Patta folgen, um mit diesem beim Essen die anstehenden Beförderungen in der Questura zu besprechen. Für den erfahrenen Pathologen Rizzardi liegt der Fall klar: Herzversagen. Doch Brunetti wäre nicht Brunetti, würde er nicht mehr hinter diesem Todesfall vermuten. Zum Beispiel weil dem Sohn der Toten, dem Tierarzt Claudio Niccolini, Brunettis Ermittlungen gar nicht gefallen. Oder weil Signora Altavilla immer wieder Frauen in ihrer Wohnung unterbrachte, die von ihren Ehemännern misshandelt und verfolgt wurden. Mit viel Feingefühl fürs Zwischenmenschliche gelingt es Donna Leon, den Spannungsbogen wieder einmal bis zum Ende aufrechtzuerhalten und ein überraschendes Finale zu inszenieren.

Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-06820-7

Donna Leon • Tierische Profite
Commissario Brunettis einundzwanzigster Fall

„,Er bekam drei Stiche ins Kreuz, mit einer schmalen Klinge, keine zwei Zentimeter breit, würde ich sagen. Und der Täter wusste genau, was et tat, oder er hatte großes Glück. An seinem linken Arm sind zwei kleine Druckstellen’, sagte Rizzardi und blieb neben der Leiche stehen. ,Und er hat Wasser in der Lunge’, ergänzte er. ,Demnach lebte er noch, als er in den Kanal gelangte. Aber der Mörder hat eine Hauptvene erwischt: Er hatte keine Chance. Er ist binnen Minuten verblutet.’ Grimmig fügte er hinzu: ,Bevor er ertrinken konnte.’ Der Pathologe kam Brunettis Frage zuvor: ,Tatzeit gestern Nacht, irgendwann nach Mitternacht, würde ich sagen. Genauer geht’s nicht, weil er im Wasser gelegen hat.’“

Wie der Titel – Tierische Profite - ahnen lässt, wählte Donna Leon als zentrales Thema diesmal einen Fleischskandal. Und mittendrin ermittelt das Trio Commissario Brunetti, sein Mitarbeiter Vianello und Signorina Elettra auf ihre unvergleichliche Weise. Was dabei ans Tageslicht kommt, lässt so manchen Leser zum Vegetarier werden. Denn Brunetti schnappt nicht nur einen Mörder, sondern deckt im Schlachthaus Ungeheuerliches auf. Wurde der Tierarzt Dottor Nava deswegen umgebracht? Aber von wem? Vom Chefschlachter, dem Direktor, dessen Assistentin oder doch von der betrogenen Ehefrau? SH

Taschenbuch: 336 Seiten
Verlag: Diogenes
ISBN: 978-3-257-06858-0

Die neue KRIMI EDITION von Universum Film ist für jeden Donna-Leon-Fan ein absolutes Muss! In blutroten DVD-Hüllen und trauerschwarzen Wendecovern (sehr stylisch) nimmt uns Commissario Guido Brunetti mit ins malerische Venedig auf die Jagd nach dem Bösen. Auf dieser DVD löst Brunetti gleich zwei komplizierte Fälle: Acqua Alta & Venezianisches Finale. Und so folgen wir ihm 174 Minuten lang durch Venedigs Gassen, in die Questura, zu sich nach Hause, in die Palazzi oder Bruchbuden der Verdächtigen, fahren mit ihm auf dem Canal Grande und in die Lagune hinaus. Immer auf der Suche nach der Wahrheit.

Venezianisches Finale Commissario Brunettis erster Fall

Das Drehbuch von Kathrin Richter und Ralf Hertwig ist hervorragend, dramaturgisch perfekt. Es hält sich, von ein paar Kleinigkeiten abgesehen, haarscharf an den gleichnamigen Roman von Donna Leon. Auch der Kameramann Dragan Roguli verdient Lob. Seine Großaufnahmen der Kaffeetasse auf den Notenblättern, des trinkenden Dirigenten und dessen zitternder Hand kurz vor seinem Tod erinnern an Alfred Hitchcock, der diese riesigen Einstellungen von Details erstmals aufbrachte. Vor allem aber zeigt uns Roguli die Schönheit und Vielfältigkeit Venedigs: romantische Sonnenuntergänge, den unter Wasser stehenden Markusplatz, dichten Nebel zwischen den Gassen, typische Bars und Restaurants, prachtvolle Palazzi, den Canal Grande. Ob wir es den Drehbuchautoren, dem Kameramann oder Regisseur Sigi Rothemund verdanken, dass die Schlussszene (Schauplatz anders als im Buch) auf dem alten Flughafen des Lidos gedreht wurde, weiß ich nicht. Wer sie sich auch immer ausgedacht hat, beherrscht sein Handwerk. Das Ende von Venezianisches Finale ist ein großartiger Schluss, fast eine Hommage an den Jahrhundertfilm Casablanca. Nur dass statt Rick (Humphrey Bogart) Commissario Brunetti einem startenden Flugzeug nachschaut.


Acqua Alta Commissario Brunettis fünfter Fall

Acqua Alta ist genauso aufwändig inszeniert wie Venezianisches Finale. Die Crew um Regisseur Sigi Rothemund hat wieder ganze Arbeit geleistet: gutes Drehbuch, Sehnsucht weckende Bilder, typische Schauplätze – Venedigs ganzer Charme. Das i-Tüpfelchen: Gottfried John. Nicht nur in dem James-Bond-Streifen Golden Eye hat er in der Rolle des Colonel Ourumov gezeigt, dass er es mit den ganz Großen der Branche aufnehmen kann. Auch in Acqua Alta zeigt Gottfried John sein großes Repertoire an Gesten und Blicken, spielt mit ganzem Körpereinsatz. Absolut sehenswert.


Donna Leon: Acqua Alta & Venezianisches Finale (Krimi Edition)
Veröffentlichung: 02.09.2011
FSK: ab 12 Jahren
Laufzeit: 174 Minuten
Bildformat: 1,78:1 (16:9 anamorph)
Tonformat: DD 2.0
Sprachen: Deutsch
Untertitel für Hörgeschädigte: Deutsch